Wo alte und neue Geschichten sich begegnen

Ein Praxisbeispiel aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt

Uwe Beck ist einer der wenigen Vorleseopas in Thüringen. Einmal wöchentlich kommt er zum Vorlesen in den Kindergarten »Regenbogen« in Saalfeld.

In einem Halbkreis sitzen drei Jungen und drei Mädchen im Theaterraum des Integrativen Eltern-Kind-Zentrums "Regenbogen" der Lebenshilfe in Saalfeld. Gebannt lauschen sie den spannenden Abenteuern von "Latte Igel" und seiner Reise zu den Lofoten, die ihnen Vorleseopa Uwe Beck an diesem Tag mitgebracht hat. Bei den spannenden Stellen fiebern alle sichtlich mit. Als der Vorleseopa am Ende wissen will, ob er noch weiterlesen soll, erklingt ein einstimmiges "Ja!".

 

 

Seit 2019 kommt Uwe Beck einmal in der Woche in den Kindergarten, um vorzulesen. Die Bücher dafür werden meist gemeinsam ausgewählt, manchmal gibt auch eine der Erzieherinnen oder Erzieher einen Vorlesetipp. Die hauseigene Bibliothek bietet jede Menge Lesestoff, manchmal bringen die Kinder auch ein Buch von zuhause mit. "Mein Enkel geht hier in den Kindergarten, irgendwann wurde ich einfach mal angesprochen, ob ich Lust hätte, das zu machen", erklärt er. "Ich habe mich schon immer sehr für Kinder engagiert, daher ist mir die Entscheidung leicht gefallen."

Dass es bei dem Projekt um weit mehr geht, als reines Vorlesen, erklärt Leiterin Janette Brauer: "Seniorinnen und Senioren erzählen auch aus der eigenen Kindheit, von alten Kinderspielen oder Erfahrungen. Dieser Austausch der Ge-nerationen ist sehr gut und wichtig." Uwe Beck stimmt zu: "Ich frage viel nach und spreche mit den Kindern über aktuelle Themen. Zu sehen, mit wie viel Eifer die Kinder dabei sind, macht einfach großen Spaß." Wie überall gebe es auch im Stadtteil Gorndorf Kinder aus weniger stabilen Verhältnissen oder ohne eigene Großeltern. Nach dem langen Corona-Lockdown hätten immer mehr Familien mit Problemen zu kämpfen. In solchen Zeiten seien Stabilität und zuverlässige Ansprechpartner für Kinder wesentlich. Entsprechend wichtig sei die Unterstützung durch ehrenamtliche Helfer wie den Vorleseopa. "Wir sind sehr froh, dass wir Herrn Beck haben", erklärt Janette Brauer. Der Kindergarten sei stets auf der Suche nach Seniorinnen und Senioren, die mithelfen.

 

 

 

 

Sie wollen auch als Vorleseoma oder als Vorleseopa aktiv werden?

Vorleseomas und -opas gibt es auch in Kinder-gärten im Weimarer Land, in Gera und im Kyffhäuserkreis.

Falls auch Sie Lust ha-ben, zur Vorleseoma oder zum Vorleseopa zu werden oder sich im Rahmen anderer Projekte zu engagieren, sprechen Sie doch einfach einmal den Kindergarten Ihrer Wahl oder die Seniorenbeauftragten Ihrer Gemeinde darauf an. Sicher lassen sich gemeinsam passende Ideen entwickeln. Wer sich einbringen möchte, hat dazu viele Möglichkeiten.

 

Thüringer Eltern-Kind Zentren

Das Integrative Eltern-Kind-Zentrum »Regenbogen« in Saalfeld ist eines von aktuell 56 Thüringer Eltern-Kind-Zentren (ThEKiZ) in Landesförderung.

Die im Rahmen des ThEKiZ-Programms geförderten Kindergärten nehmen nicht nur "ihre" Kinder in den Blick, sondern die gesamten Familien und ihr Umfeld. Das stärkt den Zusammenhalt und ermöglicht eine wirkungsvolle Unterstützung als Ganzes. "Hier haben wir einen tollen Kindergarten mit vielen engagierten Menschen. Ich bin mir sicher, dass es in ganz Thüringen viele jung gebliebene Seniorinnen und Senioren gibt, die ihr Wissen und ihre Fähigkeiten weitergeben möchten", so Sozialministerin Heike Werner.

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Text: Andreas Göbel
Fotos: Volker Hielscher